09. Okt. 2020

Die Gesellschaft als Brandstifter für Marken

Sechs soziale und kulturelle Spannungsfelder provozieren unterschiedliche Reaktionen in unserer Gesellschaft. Die daraus entstehenden Reibungen und Konflikte sind Nährboden für gesellschaftliche Verwerfung und Umwälzung. Unternehmen sind gezwungen, sich und ihre Marken neu zu definieren. Über die daraus resultierenden Chancen und Möglichkeiten hat Soziologin Sarah Martin im Webinar von Yellow gesprochen.

Sozialer und kultureller Wandel beeinflussen die Verhaltensweise von Unternehmen und ihren Marken. Um die Veränderung mitzugestalten und sie nicht über einem hereinbrechen zu lassen, ist rechtzeitiges und aktives Handeln erforderlich. Hintergründe zu den Spannungsfeldern und Ansätze zum Weg der Veränderungen erläuterte die Soziologin und Markenspezialistin Sarah Martin in unserem Webinar.

Die Welt ist im Wandel

Zweifellos. Aber SARS-CoV-2 hat nicht alles verändert, die daraus entstandene Krise verstärkt und beschleunigt sogenannte Tiefenströmungen gesellschaftlichen Wandels. Und sie schärft den Blick für die Notwendigkeit von Veränderungen. Während sich zuvor viele an der scheinbaren Unveränderbarkeit der Dinge festhielten, hat die weltweite Reaktion auf das Corona-Virus von einem Tag auf den anderen alles auf den Kopf gestellt.

Sechs Spannungsfelder

Die Welt ist im Wandel, nur in welche Richtung ist noch nicht klar. Gegenwärtig können wir einige gegensätzliche gesamtgesellschaftliche Dynamiken und Trends beobachten, die sechs spannende Spannungsfelder hervorbringen:

  • Globalisierung vs. Lokalisierung
    Der durch Covid-19 provozierte Lockdown in vielen Ländern der Welt zeigt, wie stark unser Leben von internationalen Dependenzen geprägt ist und wie wichtig für uns das lokale, kurzgliedrige Gewerbe ist. Zudem sucht der Mensch nach einem Ausgleich zum steten Unterwegssein und entdeckt in seiner nächsten Umgebung wieder Halt und Sicherheit.

  • Individualismus vs. Gemeinschaft
    Das Individuum ist in seiner Bedeutung nach wie vor stark, gleichzeitig erstarken gemeinschaftliche identitätsstiftende Bewegungen. Einer Gemeinschaft anzugehören gewinnt an Stellenwert. Beide Tendenzen stellen Anforderungen an Unternehmen und Politik.

  • Solidarität vs. Abgrenzung
    Solidaritätsbekundungen in die eine Richtung, bedeuten oft gleichzeitig klare Abgrenzung und häufig sogar Protest und Boykott in eine andere Richtung.

  • Digitalisierung vs. Spiritualität
    Mit der fortschreitenden Digitalisierung stellen sich uns Fragen zu Datenschutz und psychischem Wohlbefinden. Digitale Übersättigung – aktuell zum Beispiel die Zoom-Fatigueness – begegnen bewusstem Digital-Detoxing und Bewegungen hin zu mehr Achtsamkeit und spirituellem Ausgleich.

  • Überflusskonsum vs. Konsumkritischer Minimalismus
    Einer Wirtschaft, die immer noch auf Überflusskonsum und endlichen, schnellen Zyklen basiert, treten Minimalismus als neuer Lebensstil und ein bewusster, verantwortungsvoller und meist auf Verzicht beruhender Konsum entgegen. ( > David Bosshart, Age of Less)

  • Komplexität vs. Einfachheit – Überforderung, Convenience
    Die Welt ist komplex, vernetzt und interdependent. Das überfordert und weckt nicht selten Misstrauen, denn es ist ein idealer Nährboden, um unstimmige Sachverhalte zu verschleiern. Demgegenüber steht ein Bedürfnis nach Einfachheit und Transparenz.

Spannungsfelder führen zu Unsicherheiten

Wir befinden uns im Zeitalter des gesellschaftlichen Umbruchs, in dem vieles neu ausgehandelt werden muss. Konflikte gehören da unweigerlich dazu, sie sind Zeichen und Treiber sozialen Wandels. Seit den 1960er-Jahren wurde weltweit nicht mehr so viel und so heftig demonstriert und protestiert. Zielobjekt des Unmuts sind ineffiziente Regierungen, manipulative Machtpositionen, globale Ungerechtigkeiten. Demonstriert wird gegen das System, zu dem Unternehmen und ihre Marken heute ebenfalls gezählt werden.

Bedeutung für Unternehmen und Marken

Das Verhältnis von Konsumenten zu Unternehmen und ihren Marken verändert sich laufend. Und damit natürlich auch deren Erwartungen. Und zwar drastisch. Neu ist, dass nicht mehr rein die auf dem Markt angebotene Marke – egal ob Endprodukt oder Dienstleistung – und ihr Nutzen für das Individuum zählen. Das ganze dahinterstehende Unternehmen rückt in den Fokus der Aufmerksamkeit, inklusive all seiner Prozesse und ihrer Bedeutung für ein grösseres Ganzes.

Aktiver Beitrag an die Gesellschaft

Heute müssen sich Marken klar im sozialen, kulturellen und teils politischen Umfeld positionieren. Gemäss des Edelman Trust Barometers 2019 erwarten 64 Prozent der Konsumenten, dass sich Marken sozial engagieren. Wir begegnen heute einer Sinnökonomie, die geprägt ist von Nachhaltigkeit und kollektiven Zielsetzungen. Von Unternehmen wird verlangt, aus Überzeugung Verantwortung zu übernehmen, integrativ zu handeln und aktiv einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme zu leisten.

Wandel gestalten, nicht geschehen lassen

Die Zeit ist reif für echte Veränderung. Unternehmen, die über Jahre nur den Erhalt des Status Quo trainierten, werden sich schwertun – und wollen zurück. Aber wie Norbert Blüm einst sagte: Die Zukunft ist nicht einfach die Verlängerung der Gegenwart. Ratsamer ist es, frühzeitig selbstbestimmt den Diskurs zu antizipieren und damit mitzugestalten, als später nur noch auf Fremdbilder und Shitstorms reagieren zu müssen.

Die Welt ist im Wandel. Und mit ihr die Unternehmen und ihre Marken. Jetzt heisst es, neue Wege in eine neue Wirtschaft zu suchen und die Reise dahin rasch anzutreten. Ebenfalls heisst es, die Chancen zu ergreifen, Strategien zu definieren und sie mit kreativen Lösungen, Mut zur Echtheit und einem ganzheitlichen Blick zu verwirklichen.

Yellow begleitet Sie gerne auf dem Weg zur Lösung. Lassen Sie uns zusammen Neues schaffen.